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Markus Lohmann -..
Hiltrup Souvenirs

Hiltrup bei Münster in Westfalen ist einer der westdeuteschen Vororte, an deren Gestalt man sich schon beim passieren des Ortsausgangsschildes nicht mehr erinnert. Hiltrup ist ein Ort zum durchfahren, ein Bundesstraßen-Ort.
Seit 1975 gehört der Ort zu Münster, da er im Zuge der Strukturreform eingemeindet worden ist. Zeitgleich wuchs die Einwohnerzahl Rapide an: Hiltrup ist Vorort geworden, mit fast 30 000 Einwohnern vielleicht sogar Vorstadt. Die Anlage des Ortes erstreckt sich entlang zweier Bundesstraßen, die den Autofahrer schnell in die eigentliche Stadt, nach Münster leiten. So gibt es keinen sichtbaren Ortskern, nirgendwo hat man den Eindruck, das sich die Ortsstruktur auf etwas wesentliches verdichten würde. Im Zuge der Anbindung an Münster und der damit einhergehenden Veränderungen hat sich das gesellschaftliche Leben in die größere Stadt verlagert. Das Kino ist schon vor vielen Jahren geschlossen worden, ein Nachtleben gibt es nicht. Da ich in Hiltrup aufgewachsen und zur Schule gegangen bin, habe ich die Entwicklung des Dorfes über 20 Jahre beobachten können. Während meiner Schulzeit hat es entlang der Marktallee, der jetzigen Hauptstrasse eine gewachsene Ortsstruktur gegeben. Die Vielfalt der Architekturformen reichte vom kleinen Einfamilienhaus aus rotem Backstein mit Vorgarten über stattliche Bürgerhäuser im Jugendstil bis hin zur expressionistischen Funktionsarchitektur wie der alten Post aus den zwanziger Jahren. Der Ortskern hatte eine Gestalt, in der seine Vergangenheit ablesbar war - sie bot den Bewohnern identitätsstiftende Bezugspunkte: Orte mit Geschichte, die für die Menschen Inhalt von Erzälungen und Erinnnerungen sein konnten. Eine merkwürdige Mischung aus Gebäuden und Objekten der letzten Jahrzehnte verliehen dem Ort einen eigentümlichen Charme, der die Athmosphäre des öffentlichen Raumes geprägt hat.

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Arbeiten
Projekte im öffentlichen Raum
Profil
Um den Ort wirtschaftlich attraktiver zu machen, hat man bis heute fast alle historischen, architektonisch interessanten Gebäude abgerissen und durch gesichtslose Wohn- und Geschäftshäuser ersetzt. Strassen sind verbreitert und Parkplätze geschaffen worden. Bis auf wenige Ausnahmen hat sich Hiltrup auf diese Weise der Zeichen seiner Identität entledigt und erscheint nunmehr als Ort ohne Geschichte und dem Besucher als austauschbarFür das Aussengelände des neuen Verwaltungszenrums habe ich eine Installation umgesetzt, welche die Identität des Ortes Thematisiert. Auf dem Vorplatz der Gebäudegruppe, in den für die Öffentlichkeit zugänglichen Grünanlagen, sind an zwei freistehenden Wänden zwei Metallautomaten Installiert. Diese enthalten kleine Plastikkügelchen, wie man sie aus Spielzeugautomaten für Kinder kennt. In den Kügelchen befindet sich jeweils ein kleines Objekt aus Kunsstoff, welches ein Motiv aus dem öffentlichen Raum in Hiltrup darstellt.Da Hiltrup keine wirklichen Sehenswürdigkeiten zu bieten hat, ist das übliche Prinzip des Souvenirs umgekehrt worden: nicht die Kulisse eines Historischen Bewustseins sondern der Gegenstand der alltäglichen Langeweile manifestiert sich als billig produzierter Plastikkitsch in den Kügelchen, die jeder sich nach einem Besuch im neuen Verwaltungszentrum für 50 Cent mit nach Hause nehmen kann. Es werden Souvenirs angeboten, deren Bildmotive man im Hiltruper Alltag wenn überhaupt - als gewöhnlich oder banal wahrnimmt.
Hiltrup Souvenirs__
Projekt im Stadtraum von Münster/Hiltrup
1998


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